Zwei Initiativen zur Ehepaarbesteuerung

Die erste Initiative “Steuergerechtigkeits-Initiative“ hat das Ziel der Einführung einer zivilstandsunabhängigen Individualbesteuerung und ist bereits zustande gekommen. Damit sollen folgende Ziele erreicht werden:

  • zivilstandsneutrale Besteuerung;
  • Verbesserung der Erwerbsanreize für Zweitverdienerinnen und Zweitverdiener;
    Zusätzlicher Beitrag zur Gleichstellung von Mann und Frau.

Der Bundesrat wird bis März 2024 eine Botschaft erlassen, welche ein indirekter Gegenvorschlag zur “Steuergerechtigkeits-Initiative“ sein soll. Über die Eckpunkte dieser Botschaft hat der Bundesrat am 30. August 2023 bereits informiert:

  • Einführung einer Individualbesteuerung bei Bund, Kanton und Gemeinden;
  • zwei getrennte Steuererklärungen für Ehepaare;
  • Erhöhung des Kinderabzuges von CHF 6‘600 auf CHF 12‘000;
  • keinen Haushaltsabzug für Haushalte mit nur einer erwachsenen Person;
  • keinen Abzug für Ehepaare mit nur einer erwerbstätigen Person;
  • Anpassung des Tarifes mit Steuersenkungen für tiefe und mittlere Einkommen und Steuererhöhungen für sehr hohe Einkommen.

Bisherige Berechnungen des Bundes führen zu Mindereinnahmen bei der Direkten Bundessteuer von rund einer Milliarde. Wenn alle steuerlichen Optimierungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden, welche eine Individualbesteuerung sicherlich auch neu bietet, dürften die tatsächlichen Mindereinnahmen noch bedeutend höher ausfallen. Wo es “Gewinner“ geben kann, gibt es auch “Verlierer“, respektive werden neue Ungerechtigkeiten geschaffen. Bei Ehepaaren mit eher gleichmässiger Einkommensaufteilung gibt es steuerliche Entlastungen. Bei Ehepaaren mit nur einem Einkommen oder einem niedrigen Zweiteinkommen gibt es steuerliche Mehrbelastungen, da diverse Abzüge mangels Einkünften nicht vollumfänglich ausgeschöpft werden können.

Die Umsetzung der “Steuergerechtigkeits-Initiative“ und der indirekte Gegenvorschlag vom Bundesrat lassen viele Fragen offen. Was sind die Belastungsrelationen und die finanziellen Auswirkungen? Wie werden die Abzüge für Kinder von bisher gemeinsam besteuerten Ehepaaren aufgeteilt? Wie werden die Kantone es umsetzen? Wie hoch ist der administrative Mehraufwand? Welche Rechtsgeschäfte unter Ehegatten führen zu neuen nicht gewollten Steuerplanungsmöglichkeiten? Wie sieht das Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten aus? Würde eine Individualbesteuerung nicht eine grosse Anzahl neuer Unklarheiten bei anderen Rechtsgebieten (z.B. Güter- und Sachenrecht, Ehe- und Erbrecht, Sozialversicherungsrecht) bedeuten?

Auch wenn eine Individualbesteuerung für die Treuhand-/Steuerberatungsbranche einen erhöhten Beratungsbedarf bietet, ist eine Individualbesteuerung nicht das richtige Werkzeug für eine gerechte Ehepaarbesteuerung. Sie führt zu neuen Steuerungerechtigkeiten. Insbesondere der nicht abschätzbare und ökonomisch nicht gerechtfertigte administrative Mehraufwand wird im Abstimmungskampf sicherlich viel zu reden geben. So zeigt sich bereits jetzt, dass die Kantone und ihre Steuerverwaltungen selbst in den “Abstimmungskampf“ einsteigen und sich dafür einsetzen werden, dass es keine Individualbesteuerung geben wird.

Die zweite Initiative “Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!“ von der Partei “die Mitte“, möchte die gemeinsame Besteuerung bei der Direkten Bundessteuer aufrechterhalten. Die Unterschriftensammlung läuft noch bis März 2024. Bei der Vorlage wird von einer Individualbesteuerung abgesehen. Es gibt ja auch bereits geeignete Massnahmen eine steuerliche Mehrbelastung oder Diskriminierung von Ehepaaren zu verhindern. In den Kantonen hat eine erfolgreich praktizierte Tarifausgestaltung mit einem Voll- oder Teilsplitting mit einem reduzierten steuerbaren Satz für Eheleute dazu geführt, dass diese Ungerechtigkeit beseitigt werden konnte. Dies unabhängig davon, wie die Einkünfte unter den beiden Ehegatten aufgeteilt sind. Es ist schwierig nachvollziehbar, warum beim Bund diese sehr einfache und mit geringem administrativen Mehraufwand umsetzbare Massnahme bisher unberücksichtigt geblieben ist.

Daniel Wartenweiler
Partner
Treuhänder mit eidg. Fachausweis
Sozialversicherungsfachmann mit eidg. Fachausweis
Experte Arbeitsrecht / Zertifikat Schulthess

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